
Im Kyoto-Protokoll 1997 haben sich die relativ wohlhabenden Länder (siehe Abbildung) verpflichtet, Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, indem sie ihre CO2-Emissionen reduzieren. Auf diesen Konferenzen orientiert man sich vor allem an den territorial gebundenen Emissionen, also jene, die effektiv in den entsprechenden Ländern physikalisch erfolgen. Diese werden meistens in der Öffentlichkeit diskutiert, für diese legen die Regierungen Zielwerte fest und an diesen misst man die politischen Massnahmen. Diese Emissionen sind seither in den reichen Ländern ganz leicht rückläufig. Die territorial gebundenen Emissionen in den ärmeren und Schwellenländern sind dagegen gestiegen.
Diese Betrachtungsweise ist aber nicht verursachergerecht. Entscheidender sind die in der Tabelle ebenfalls aufgeführten konsumgebundenen CO2-Emissionen. Diese sind in den reicheren Ländern leicht gestiegen und in den ärmeren Ländern weniger stark gewachsen als die territorialen Emissionen. Die Einsparungen bei den territorialen Emissionen der reichen Länder gehen auf Kosten der Importe aus den Entwicklungsländern, also durch den Welthandel, erfolgte. Die reicheren Länder konnten ihre territorialen Emissionen deshalb leicht senken, weil sie die Güter, die sie konsumieren, vermehrt in den ärmeren Ländern herstellen lassen.[1]
Diesen Transfer der CO2-Emissionen durch den Welthandel haben namhafte Institute in Norwegen, den USA und Deutschland untersucht. Die Abbildung stellt eines der vielen Ergebnisse dar[2]. Sie zeigt die CO2-Bilanzen aller exportierten Güter zwischen den relativ wohlhabenden Ländern und den ärmeren und Schwellenländern.
Diese Nettotransfers wurden aus den umfangreichen Daten zu Produktgruppen aus Import- und Exportstatistiken und komplexen Zuordnungsregeln für Zwischenprodukte anhand verschiedener Modelle berechnet und verifiziert. Auf diese Weise lässt sich eine konsumgebundene Bilanz errechnen, die global für das Jahr 2008 dargestellt ist. Sie sagt viel mehr aus über die wirklichen Verursacher des Klimawandels. In der Abbildung ist zwar nur eine CO2-Bilanz dargestellt, die Aussage gilt aber entsprechend für alle Treibhausgase. Zählt man die Zahlen aller Pfeile zusammen, verursachten Produktion und Transport der Güter im Welthandels 7,8 Milliarden t CO2 . Das sind 26% der globalen CO2-Emissionen, 6% mehr als 1990. Dabei stellen in dieser etwas ungewöhnlichen Darstellung die Pfeile die Exportrichtung der Güter inklusive den CO2-Ausstoss dar, der bei deren Herstellung und Transport in den exportierenden Ländern territorial entsteht. Zum Beispiel sind die Emissionen die bei der Herstellung einer Pfanne aus China entstehen, in den Exporten aufgezeichnet, obwohl sie physikalisch in China entstehen. Etwa ein Drittel des weltweiten Handels (2,5 Milliarden t/a) wird von den ärmeren Ländern in die reicheren exportiert, je knapp ein Drittel (2,2 Milliarden t/a) wird innerhalb der Gruppe der reicheren und jener der ärmeren Länder gehandelt, und etwa 10% (0,9 Gt/a) gelangen von den reicheren Ländern in die «Entwicklungsländer». Seit 2008 hat sich der Trend noch verstärkt. Die wohlhabenden Ländern verlagern die CO2-Problematik zunehmend in ärmere Länder.
[1] Es handelt sich um eine vereinfachte Analyse. Im Annex B sind nicht nur reiche Länder zusammengefasst. Unter den Nicht Annex B Ländern hat es umgekehrt auch nicht nur arme Länder. Zudem ist die Bevölkerung in den ärmeren Ländern ungleich viel stärker gewachsen als in den Signaturstaaten des Kyoto-Protokolls (Annex B).
[2] Peters Glen P., Minx Jan C., Weber Christopher L., and Edenhofer Ottmar, 2011: Growth in emission transfers via international trade from 1990 to 2008