Unter den Aerosolen verstehen Meteorologen feste und flüssige Schwebeteilchen in der Luft, die nicht aus Wasser bestehen. Der Feinstaub aus Dieselabgasen ist ein Beispiel menschenverursachter Aerosole, der Saharastaub wie er im Moment über Europa schwebt ist ein von der Natur geschaffenes Aerosol. Sie sind nur in grösseren Konzentrationen sichtbar. Das Auftreten und die Konzentration sind sehr variabel, die Verweildauer in der Atmosphäre während Tagen bis Wochen ist eher kurz. Die einzelnen Aerosole sind kaum vorstellbar klein. Der Durchmesser typischer Aerolsole ist im Bereich Mikrometer (µm) bis hin zu einigen Nanometern (nm, vgl. Grafik unten) [1]. Die typische Feinstaub Konzentration in der Luft liegt etwa im Bereich von einigen µg/m3. Die Konzentration ist für die Eigenschaften mindestens ebenso entscheidend wie die Grössenverteilung der Aerosole, die chemische Zusammensetzung und die Oberflächenstruktur der Teilchen.

Viele natürliche Aerosole
In der Fachliteratur unterscheidet man zwischen den natürlichen und den vom Menschen verursachten Aerosolen [2]. Die natürlichen entstehen durch den Wind über Ozeanen, Wüsten und der Erdoberfläche. Ihre „Stoffflüsse“ werden als zehn bis hundert Mal grösser geschätzt als die vom Menschen verursachten Emissionen aus Industrie, durch Verbrennung von Holz (auch Waldbrände) oder aus fossilen Brenn- und Treibstoffen. Eine gewisse Rolle spielen auch die sekundären Aerosole. Sie entstehen durch Kondensation spezifischer Gase aus der Luft. Sie können aus dem Stoffwechsel der Pflanzen oder aus dem Auswurf von Vulkanen stammen. Zu den „künstlichen“ Sekundäraerosolen gehören etwa Ammoniak, Schwefeldioxid und Stickoxide aus Brenn- und Treibstoffen, sowie die flüchtigen Kohlenwasserstoffe aus Industrie, Verkehr und Verbrennung [3]. Sie sind grundsätzlich gasförmig, kondensieren jedoch bei hohem Druck und tiefen Temperaturen zu festen Stoffen. Letztere sind eher noch bedeutender als die vom Menschen verursachten Primäraerosole. Sie befinden sich vorwiegend in den untersten 5 km der Atmosphäre und beeinflussen das Klima massgebend.

Entgegengerichtete Wirkung
Sie haben einen Einfluss unter anderem auf die Wolkenbildung, die Sonneneinstrahlung und die gesamte Luftzirkulation. Fachleute unterscheiden drei verschiedene Effekte, zwei mit abkühlender und einer mit erwärmender Wirkung auf das Klima:
- Aerosole absorbieren das sichtbare Sonnenlicht und reflektieren ins All zurück. Dadurch geschieht grundsätzlich eine Abkühlung der Erdoberfläche, indem weniger Strahlung durch die Atmosphäre dringt.
- Durch Absorption aber verändert sich das Temperaturprofil der Atmosphäre, die relative Luftfeuchtigkeit und in der Folge die Wolkenbildung. Aerosole sind Wolkenbildner und führen zu Wolken mit kleineren Wassertröpfchen. Das hat wiederum eine abkühlende Wirkung der Atmosphäre, da mehr Sonnenlicht an den Wolken in die höheren Sphären reflektiert wird. Sie können aber auch zu grösseren und dichteren Wolken mit Regen führen. Sie fördern die Bildung von Eispartikelwolken.
- Das Auswaschen von Aerosolen und Ablagern auf Schnee und Eis reduziert die Reflektion des Sonnenlichts auf diesen Oberflächen und hat deshalb einen erderwärmenden Effekt.
Insgesamt geht man davon aus, dass sinkende Aerosol-Konzentrationen zu einer beschleunigten Erwärmung der Erde beitragen, weil Aerosole unter dem Strich eine kühlende Wirkung haben[4]. Die Wechselwirkungen von Aerosolen mit der Atmosphäre sind ausserordentlich komplex. Empirisch ist jedoch erwiesen, dass vulkanische Aktivitäten, oberirdische Atombombentests oder grosse Waldbrände zu einer Absenkung der Erdtemperatur führen. Der heftige Ausbruch eines indonesischen Vulkans im Jahre 1815 hat in Europa und Amerika zu einer Hungersnot geführt. Die Aerosole des Vulkans hatten eine so grosse Abkühlung zur Folge, dass die Ernten 1816 auch in der Schweiz in weiten Teilen praktisch ausfielen. Man spricht vom Jahr ohne Sommer. Die Ursache kannte man damals noch nicht!
Klimatherapie ?
Unter dem Begriff Klima-Engineering wird diskutiert, ob die Injektionen von Aerosolen per Flugzeug in die höhere Atmosphäre ein Mittel gegen die Erderwärmung wäre [5]. Es wäre im besten Fall ein Notfall-Szenario, da eine kontrollierte Dosierung kaum möglich ist.
Der vom Menschen verursachte Feinstaub (PM) in Ballungsgebieten von Industrie und Verkehr zählt zu den gefährlichsten Luftschadstoffen für die Gesundheit. Die Staubteilchen haben vielfältige schädliche Wirkungen in Lunge und Blutkreislauf. Zahlreiche epidemiologische Studien in den USA haben ein erhöhtes Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegerkrankungen und Lungenkrebs bei Exposition von Feinstaub nachgewiesen [6]. Die WHO spricht weltweit von 4.2 Millionen vorzeitigen Todesfällen 2016 aufgrund der schlechten Luftqualität [7]. Feinstaub ist einer der wichtigsten Faktoren. Während in den USA und in Europa die Abgas- und Industrienormen zu einer deutlichen Verbesserung der Luft in Ballungsräumen geführt haben, ist die Situation vor allem in asiatischen Städten noch immer unbefriedigend.
Anders als bei den klimawirksamen Gasen handelt es sich bei dem künstlichen Aerosolen um ein lokales und relativ kurzfristiges Phänomen, das sich mit technischen Massnamen und Normen politisch verhältnismässig einfach und effizient bekämpfen lässt.
Allerdings führt die Bekämpfung der Luftverschmutzung wegen der Aerosole paradoxerweise zu einer Klimaerwärmung.
[1] Ein Mikrometer (µm) entspricht einem Millionstel, ein Nanometer (nm) einem Milliardstel Meter.
[2] Boucher , O., Atmospheric Aerosols – Properties and Climate Impact; Springer Netherlands 2015.
[3] Boucher,O., a.a.O, Seite 13
[4] Boucher,O., a.a.O, Seite 242
[5] Hobbs P., McCormick M.P.; Aerosols and Climate; A DEEPAK Publishing 1988.
[6] Rom, W. N.; Environmental Policy and Public Health – Air pollution, Global Climate Change and Wilderness; Jon Wiley and Sons Inc., San Franciso 2012.
[7] https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/ambient-(outdoor)-air-quality-and-health
[8] Steffen Will, Richardson Katherine, Rockström Johan, Cornell Sarah E., Fetzer Ingo, Bennett Elena M.,R., Biggs R., Carpenter Stephen R., de Vries Wim,. de Wit Cynthia A, Folke Carl, Gerten Dieter, Heinke Jens, Mace Georgina M., Persson Linn M., Ramanathan Veerabhadran, Reyers B., Sörlin Sverker, 2015: Planetary boundaries: guiding human development on a changing planet. sciencemag.org/content/early/recent / 15 January 2015 / Page 1 / 10.1126/science.125985
Vielen Dank und ein Hoch auf das Klima-Engineering!
Dein Blog ist immer extrem informativ und spannend! Vielen Dank, lieber Ulli!